Von Gladbeck bis in die Slowakei
Der Anruf von Mathias Zenge kam um 15:00 Uhr. Ich kenne Mathias aus Suhl. Er hat als Co- Pilot schon seit vielen Jahren neben Wilhelm Eimers mit dem Heißluftballon mit Erfolg an Weitfahrten bei der Thüringer Wald- Weitahrt teilgenommen. Ich bat ihn damals darum, wenn er mal eine Fahrt mit einem Gasballon unternimmt, mich zu informieren.
Er sagte mir, dass er zusammen mit Wilhelm Eimers eine Weitfahrt mit dem Gasballon unternehmen wolle und ob ich nicht Lust hätte, als dritter Pilot mit zu machen. Bei Interesse daran sollte ich bis spätestens um 0:00 Uhr in Gladbeck sein, wo diese Fahrt beginnen sollte.
Mein Mitarbeiter sprang für mich ein, so dass ich die nächsten zwei Tage frei machen konnte. Ich fuhr von Frankfurt nach Hause, kaufte schnell noch nötiges ein, packte meine Tasche und fuhr dann zusammen mit Corinna und meinem Vater nach Gladbeck, wo wir um 23:30 am Startplatz eintrafen.
Um 0:33Uhr starteten wir mit dem Gasballon auf einem Startplatz in Gladbeck. Wir hatten eine Fahrgeschwindigkeit von 30- 40 km/h in einer Höhe von geplanten rund 2000 m. Ich war schon seit 5:30 Uhr früh auf gewesen. Ich wusste, dass in dieser Nacht nicht an Schlaf zu denken war. Ich war viel zu aufgeregt, denn ich fuhr zum ersten Mal in einem Gasballon und außerdem wollte ich nicht dieses tolle Erlebnis verpassen, die vielen großen Städte in der Nacht aus der Höhe zu betrachten mit all ihren vielen Lichtern, Werbeleuchten und den vielen Kraftwerken.
Es ging über das gesamte Ruhrgebiet. Es war traumhaft, in dieser Ruhe einfach dahin zu schweben, mal ohne einen Brenner bedienen zu müssen, wie das beim Heißluftballon üblich ist.
Die Nacht, die mir recht kurz vorkam, war schnell um und wir fuhren dem Sonnenaufgang entgegen. Unsere Route führte genau über Koblenz den Rhein entlang. Es ging über Rüdesheim/Bingen, Richtung Alzey und Ludwigshafen, danach weiter östlich Richtung Nürnberg. So gegen Mittag kam immer mehr Thermik auf. Damit wir diese umgehen konnten, mussten wir 5 unserer Sandsäcke auf einen Hieb opfern, um auf die gewünschten 3000 m Höhe zu kommen. Bis zum Abend hin war die Fahrt sehr ruhig. So hatten wir einen geringen weiteren Verbrauch unserer Sandsäcke. Mathias und Willi einigten sich, diese Nacht noch weiter zu fahren bis zum frühen Morgen, um dann noch vor Thermikbeginn zu landen.
Es wurde dunkel und kalt. Im Juni rechnete ich nicht mit einer Kälte von minus 9 C° in dieser Nacht. Der Thermoanzug, den ich auch schon in Suhl trug, reichte nicht um mich zu wärmen. So hüllte ich mich in eine von diesen Fliesdecken, die zur Auflage unseres Bettes im Korb dienten. Darin fühlte ich mich schon wieder etwas besser.
In der zweiten Nacht durfte ich für etwa 3 Stunden den Funkverkehr übernehmen. Willi schlief eine Runde und Mathias hielt die Höhe des Ballons konstant. Danach legte ich mich für drei Stunden hin und schlief bis zum Sonnenaufgang.
Um 6:45Uhr ging die Fahrt in Vysny/Zipov zu Ende. Wir landeten an einem Feldrand, von wo wir den Ballon noch etwa 200 m weiter bis zum Straßenrand schleiften, wo wir alles abbauten. Ein Grundstückzaun diente uns zum Aufhängen unserer Utensilien und Geräte, um erst einmal alles sortieren und ordnen zu können.
Mit unseren Verfolgern nahmen wir Kontakt auf. Sie waren noch 350 km von uns entfernt und würden etwa in 5 Stunden bei uns sein. So nutzten wir die Zeit, alles abzubauen und zu verpacken. Da ich so ziemlich an meine Leistungsgrenze geriet, was meinen Schlaf betraf, legte ich mich in den Ballonkorb und schlief erst mal für 4 Stunden fest, bis ich einigermaßen wieder fit aufwachte.
Der Himmel wurde immer dunkler und es wurde windig. Bald fing es in Strömen an zu regnen. Wir spannten schnell eine Folie über den Korb, wo wir sämtliche gegen Nässe empfindliche Sachen untergebracht hatten. Der Ballonhülle machte die Nässe weniger aus, da sie aus einer Art mit Gummi verarbeitetem Stoff besteht.
Um 13:00 Uhr waren unsere Verfolger endlich da. Wir verstauten alles in das Fahrzeug, dann ging es erst mal nach Wien zum Abendessen und zu einer Abschlussfeier. Danach liefen wir zur Erholung von der langen Fahrt und dieser, die uns noch bevorstand, über den Wiener Prater.
Nach einer sehr langen Fahrt und Pausen dazwischen traf ich morgens um 7:00 Uhr zu Hause ein. Willi, Mathias und Co fuhren noch 3 weitere Stunden, bevor sie wieder zurück in Gladbeck waren.
Für mich ein unvergessliches Erlebnis, eines, was ich jederzeit wiederholen würde.
Erzählt von Frank Wilbert im Juni 2009